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Deine Werte – Meine Werte – Unsere Werte

By Abgeschlossene Projekte, Projekte No Comments

Im Rahmen des Projekts „Deine Werte – Meine Werte – Unsere Werte“ streben wir eine offene Wertedebatte zwischen Zuwander*innen, Geflüchteten, Migrant*innen und der Aufnahmegesellschaft in Berlin und Brandenburg an. Im Zuge dessen sind verschiedene Maßnahmen geplant, wie z.B. Diskussionsveranstaltungen, Bar-Camps, Stammtische und Erzählsalons.

Wir möchten miteinander statt übereinander reden. Dazu suchen wir den Wertedialog auf Augenhöhe statt einseitig Werte zu vermitteln. Wir sind überzeugt, dass andere Kulturen als Träger ähnlicher und unterschiedlicher Werte gleichberechtigt in den Prozess des Wertedialoges miteinbezogen werden müssen. Die Definition gemeinsamer Werte oder die Bildung eines gemeinsamen Wertekanons bildet das Fundament unseres Gemeinwesens, des Zusammenlebens und gesellschaftlichen Zusammenhalts.

Das Grundgesetz und die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist die Grundlage unserer Gesellschaft.  Gleichberechtigung, Ehrenamt, Bürgerengagement, Pluralismus, Freiheit und Individualität sind prägende Werte für unsere Gesellschaftsordnung. Wir glauben jedoch, dass das Grundgesetz mit den ersten 20 Artikeln in einer Wertedebatte zu kurz greift. Es regelt zwar die wesentlichen Normen und Regeln, doch die normativen Werte bleiben zu abstrakt. Unser Zusammenleben wird durch unzählige Werte bestimmt. Heimat ist ein solcher Wert, neben vielen anderen wie Familie, Gemeinschaft, Solidarität, Nächstenliebe, Toleranz, Respekt, Willkommenskultur und Fürsorge. Sie alle bestimmen, wie wir zusammenleben – ob unsere Familien hier seit Jahrhunderten, Jahrzehnten oder wenigen Jahren leben.

Die Aufnahmegesellschaft muss die Zuwander*innen anhören und sich im Gegenzug Gehör verschaffen. Wir sind der Überzeugung, dass man versuchen sollte, andere Kulturen und Traditionen aus sich selbst heraus zu verstehen und nicht nur auf Basis eurozentrischer Theorie und Normen. Integrationspolitische Debatten werden oftmals zu einseitig geführt. Der kulturelle, wirtschaftliche und humanistische Reichtum, den die Zuwander*innen mitbringen geht hierbei meist verloren. Diesen Schatz gilt es hingegen zu heben und in die gesellschaftlichen Debatten über Werte mit einfließen zu lassen. In vielen der Herkunftskulturen bestehen beispielsweise starke Familienbande, Solidarität, Interkulturalität, Respekt und Offenheit gegenüber anderen Kulturen. Alles Werte, die in dieser Debatte mit eingebracht werden sollten und durch die wir alle voneinander lernen können.

Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde.

Karl Theodor JaspersDeutscher Psychiater und Philosoph, 1883-1969

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat unser Projekt als Projekt des Monats Januar 2020 im Bereich Integration in der Praxis vorgestellt:

Fördermittelgeber & Partner

Ansprechpartnerin

Anne-Marie Brack, Projektleiterin

Anne-Marie Brack hat Islamwissenschaft, Politikwissenschaft und Soziologie in Freiburg, Isfahan und Princeton studiert und während ihres Studiums als studentische und wissenschaftliche Hilfskraft an verschiedenen Instituten gearbeitet. Sie war mehrere Jahre in Berlin als Sprachmittlerin für Persisch tätig und arbeitet freiberuflich als Dozentin. Neben ihrer Arbeit als Projektleiterin bei der IGD arbeitet Anne-Marie an ihrer Promotion im Fachbereich Iranistik.

Tel.: 030 235 895 89
E-Mail: anne-marie.brack@iranischegemeinde.de

Solidarisches Zeichen der IGD zum Jahrestag des Anschlags in Halle

By Allgemein, Presse & Mitteilungen, Pressemitteilungen

Am 09. Oktober jährt sich der antisemitische und menschenverachtende Anschlag auf eine Synagoge und einen Döner Imbiss in Halle. Nach wie vor sind wir als Iranische Gemeinde in Deutschland e.V. entsetzt und trauern um die Opfer. Auch wir wollen an diesem Tag ein Zeichen setzten und reisen daher nach Halle. Dort werden wir mit vielen Akteur*nnen Ketten aus „Strich-Menschen“ mit Kreide auf die Straßen malen, um Solidarität und Diversität zu symbolisieren. Zu dieser Aktion ruft das Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA) e.V., die Stiftung „Bürger für Bürger“ und der Verband der Migrantenorganisationen Halle e.V. (VeMo) auf. Mit dieser Teilnahme wollen wir den Opfern gedenken und uns weiter gegen Rechtsextremismus und für Toleranz engagieren.

Vor einem Jahr am 09. Oktober, am größten jüdischen Feiertag Jom Kippur, versuchte der Rechtsextremist Stephan Balliet  die Synagoge im Paulusviertel der Stadt Halle zu stürmen und tötete dabei vor dem Gebäude und in einem Döner Imbiss zwei Passanten und verletzte 68 Weitere, während er die Planung seiner Tat bereits im Vorfeld im Internet zur Schau stellte und die Ausübung per Live-Stream übertrug. 

Besonders als Migrantenorganisation stehen wir ein für ein friedliches Zusammenleben, mehr Toleranz und Offenheit. Auch ein Jahr nach dem Amoklauf schauen wir bestürzt auf die Brutalität der Tat. Hass in Gewalt und Worten gegenüber anderen Religionen sind unerträglich und es gilt Diskriminierung und Hass jeder Art zu bekämpfen. Der Vorstandsvorsitzender der IGD, Ehsan Djafari sagt hierzu,  „nach den Anschlägen in Halle, Hanau und nach bisherigen Erkenntnissen aus dem Aufklärungsprozess der NSU-Morde, des tödlichen Attentats an Walter Lübke, aber auch aus den weiteren unzähligen Straftaten mit rassistischen und rechtsextremistischen Hintergrund mit zahlreichen Opfern bleibt es niemandem mehr verborgen, dass es ein weiter so gesellschaftlich nicht möglich und politisch nicht tragbar ist.“ Wir brauchen eine konsequente Auseinandersetzung mit dem Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Antiziganismus und der Muslimfeindlichkeit“, so sagt Djafari weiter und führt fort, „Es ist nun an der Zeit, dies auch sicherheitspolitisch mit aller Konsequenz, nachhaltig und umfassend zu begegnen. Die Anti-Rassismus Agenda 2025 des Begleitausschusses der BKMO für eine rassismusfreie und chancengerechte Einwanderungsgesellschaft stellt richtige und konkrete Forderungen mit Zielvorgaben auf. Wir hoffen sehr, dass diese Forderungen bei der nächsten Sitzung des Kabinettausschuss der Bundesregierung zum Rassismus und Rechtsextremismus angemessene Berücksichtigung findet“.

Zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit

By Allgemein, Presse & Mitteilungen, Pressemitteilungen

Zum Jubiläum und 30. Jahrestag der Deutschen Einheit gratuliert die Iranische Gemeinde in Deutschland e.V. (IGD)

Am 3. Oktober jährt sich das Jubiläum der Deutschen Einheit vom 3. Oktober 1990 zum dreißigsten Mal. Auch wir als IGD wollen diesen Tag als einen besonderen Tag in der neueren deutschen Geschichte zelebrieren. Nach friedlichen Demonstrationen und daraus entstandenen politischen Prozess und symbolträchtigen Fall der Mauer bildet dieses Ereignis einen großen Moment der deutschen Demokratiegeschichte. Der Einigungsvertrag zwischen beiden deutschen Staaten war die Grundlage der deutschen Wiedervereinigung. Am 3. Oktober 1990 trat somit in ganz Deutschland das Grundgesetz der Bundesrepublik in kraft.

Über vier Jahrzehnte waren Berlin, Deutschland und Europa geteilt. 30 Jahre nach dem umfänglichen „Aufbau Ost“ gibt es leider immer noch erhebliche Unterschiede in allen Lebensbereichen in Ost und West. Dennoch gilt es weiter an den Gemeinsamkeiten, statt den Differenzen zu arbeiten, um Ausgrenzung und Vorurteile zu mindern. Gerade als Migrantenorganisation streben wir eine Gesellschaft an, die frei von Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung ist.

Zu diesem denkwürdigen Anlass der deutschen Geschichte 30 Jahren als Form der friedlichen Einheit möchten wir als IGD gratulieren.

Zum Internationalen Tag der Demokratie

By Pressemitteilungen

Die IGD erinnert an den internationalen Tag der Demokratie am 15.09, der 2007 von den Vereinten Nationen ernannt wurde. 

 

In diesem Jahr begehen die Deutschen den 71. Geburtstag des Grundgesetzes. Die neue deutsche Verfassung wurde von Frauen und Männern, die den Schrecken der Nazi-Diktatur noch direkt vor Augen hatten, mit einer Klarheit und Weitsicht entworfen, sodass es als Ausgangspunkt und Maßstab der Demokratie in Deutschland gilt: die Unantastbarkeit der Würde des Menschen und davon abgeleitet die Grundrechte, die Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz garantieren. Ohne Zweifel ist Deutschland heute ein anderes als 1949. 

Die Gesellschaft hat sich weiterentwickelt, sie ist pluraler geworden, unterschiedliche Lebensstile und Weltanschauungen machen das Leben nicht nur bunter, sondern zum Teil auch komplizierter. Für die Mütter und Väter des Grundgesetzes war diese Entwicklung nicht so absehbar, gleichwohl zieht sich durch die deutsche Verfassung wie ein roter Faden der Anspruch, Grundsätze für ein friedliches Zusammenleben von Menschen zu formulieren, die eben nicht gleich sind, sondern sich unter anderem durch Abstammung, Glauben oder politische Überzeugung unterscheiden. Daraus spricht nicht nur die Lehre aus der verheerenden nationalsozialistischen Vernichtungspolitik, der ausnahmslos die vermeintlich „Anderen“ zum Opfer fielen. Es spiegelt sich darin auch die nicht selten verhängnisvollen und schmerzlichen Erfahrung aus Jahrhunderten deutscher und europäischer Geschichte.

Gerade als bundesweit agierender Verband der iranischen und Iranstämmigen Community haben wir diese Werte schätzen gelernt und wollen sie nun mit diesem Tag feierlich begehen. 

Demokratie darf nie zur Selbstverständlichkeit verkommen, sie muss lebendig und wehrhaft sein und immer wieder aufs Neue verteidigt und erkämpft werden. Deshalb schauen wir mit Sorge und starrem Blick insbesondere auf die Entwicklungen der vergangenen Wochen im Land, den Rechtsruck, die Demonstrationen rechtsextremer Gruppierungen und nicht zuletzt die versuchte Stürmung des Reichstagsgebäudes, dem Sitz des Deutschen Bundestages und damit dem Zentrum und Herz freiheitlicher Demokratie in Deutschland. 

Als Iranische Gemeinde in Deutschland wollen und werden wir deshalb unser Engagement zur Mitgestaltung einer zukunftsträchtigen, offenen, nachhaltigen, partizipativen Gesellschaft, ohne Rassismus, Rechtextremismus, Antisemitismus und Diskriminierung verstärken.

Abschlussveranstaltung der Strukturförderung

By Archiv

Abschlussveranstaltung der Strukturförderung

 Am 05.09.2020 fand in Berlin die Abschlussveranstaltung im Rahmen der Strukturförderung für Migrantenorganisationen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in der Förderperiode 2017-2021 statt. An dieser Veranstaltung nahmen die Vertreter*innen von BAMF und geförderten Verbände, u. a. IGD teil. Die Veranstalterin war die IMAP GmbH, die die geförderten Migrantenorganisationen in der genannten Periode begleitet hat.

 Im ersten Teil der Veranstaltung hat jeder Verband anhand folgender Fragen einen kurzen Rückblick über die vergangenen Jahre und Ausblick über die nächsten Jahre zu gewähren:

 • Worauf sind wir am meisten stolz?
Die größte positive Überraschung in den letzten drei Jahren – womit wir nie gerechnet haben?
Was möchten wir gerne weiter entwickeln?

 Im zweiten Teil der Veranstaltung haben die Verbände über ihre Expertise und „Good Practices“ aus Ihrer täglichen Arbeit in folgenden Themenbereichen berichtet:

 • Organisationsentwicklung
• Mitgliedermanagement
• Vernetzung und Netzwerkarbeit
• Interne Kommunikation
• Externe Kommunikation
• Projektarbeit
• Teilhabe und Partizipation im politischen Bereich

 In den vergangenen drei Jahren haben wir viel gelernt und erreicht. Wir werden in der zweiten Periode das erreichte konsolidieren und weiterhin an Schwerpunkten wie Organisationsentwicklung, Mitgliedermanagement, Professionalisierung, interner und externer Kommunikation arbeiten.

Die Veranstaltung fand in hybrider Form und unter strenger Einhaltung der Corona-Auflagen statt. Folgende Fotos vermitteln einen kurzen Eindruck dieser lehrreichen Veranstaltung.

Zu Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen

By Pressemitteilungen

Die Iranische Gemeinde in Deutschland e.V. (IGD) verurteilt die Ereignisse vor dem Reichstag während der Demonstrationen in Berlin am Wochenende.

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen am Wochenende mit den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen und einer nie da gewesenen Mischung an Demonstranten und dem geplanten Sturm auf den Reichstag möchten wir unsere Bestürzung über diese Ereignisse in einer Stellungnahme zum Ausdruck bringen.

Rechtsextreme, Reichsbürger und Corona-Leugner neben Impfgegnern und Familien: Am Wochenende demonstrierten laut der Polizei rund 40.000 Menschen in Berlin gegen die Corona-Politik und sie duldeten auch die starke Präsenz von Rechtsextremen in ihren Reihen. Mehrere von ihnen versuchten, den Reichstag zu stürmen. Ein Bild, das historisch an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte erinnert. Wenn auch die Mehrheit der Demonstranten friedlich blieb, eskalierte die Lage durch rechtsextreme Hetzrufe und nicht zuletzt durch die versuchte Stürmung des Reichstagsgebäudes, dem Sitz des deutschen Bundestages und damit dem Zentrum unserer freiheitlichen Demokratie.

Wir finden das freie Recht zur eigenen Meinung und zur Demonstration gehört zu den wichtigsten Säulen und Werten unserer demokratischen Grundordnung. Aber das nie da gewesene, gemischte Bild der Demonstranten am Wochenende, mit dem gemeinsamen Ziel die aktuelle Corona Politik in Frage zu stellen zwischen Familien, Corona Leugnern – und auf der anderen Seite ganz klar die organisierten Rechtextremen Gruppierungen, rechts orientierten Menschen mit teilweise Reichsflaggen – könnten wir nur beschämt und entsetzt beobachten.

Wir wissen, dass diese Gruppe nur eine Minderheit in Deutschland abbildet, dennoch schauen wir auch mit Sorge auf das Bild, welches Deutschland im Ausland damit zeigt. Gerade mit dem Blick auf die Diskrepanz von Menschen mit einem Friedenszeichen auf dem Shirt neben Rechten mit Reichsflaggen, fordern wir alle dazu auf, sich bei den Protesten genau anzuschauen, welche Meinungen neben ihnen marschieren und sich dann davon zu distanzieren und zu überdenken, ob diesen Menschen auf diese Art wirklich eine Bühne geboten werden sollte.

Unser Ziel bleibt weiter die Stärkung des Zusammenhalts in einer lebendigen partizipativen Gesellschaft, in der Vielfalt und damit auch vielfältige Meinungen respektvoll gelebt wird.

Nachbericht der STAEPOLSEL -Veranstaltung

By Archiv

Die Selbstwirksamkeit auch in einer jungen, postmigrantischen Community zu steigern und Migrant*innenorganisationen zu stärken in ihrer Rolle als Mitgestalter*innen einer vielfältigen Gesellschaft, das ist das Ziel des Kooperationsprojektes »Gesellschaft selbstwirksam gestalten – STAEpolSel*« 1 , das das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) und die Iranische Gemeinde in Deutschland (IGD) durchführen. Das Projekt mit einer Laufzeit vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2022 wird im Rahmen der »Gemeinwesenorientierten Projekte« (GWO-Projekte) im Themenbereich 1, Teilhabe und Partizipation durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert.

Am 5. November 2020 lud das Projektteam zu einer Online-Diskussionsrunde mit dem Titel »Wie wollen wir benennen und benannt werden« ein. Es kamen 26 Personen zusammen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der Frage der adäquaten Begrifflichkeit beschäftigen: Unter den Teilnehmenden waren Vertreter*innen aus der Wissenschaft, aus der Praxis der Migrant*innenorganisationen und der Infrastruktur des Engagements (z. B. Freiwilligenagenturen), aus Kommunen und Bundesverbänden sowie neben den hauptamtlich mit der Thematik befassten Akteur*innen auch junge Menschen, die mit dem Thema durch ihr eigenes Engagement verbunden sind. Die Veranstaltung wurde moderiert von Susan Zare.

Nach der Begrüßung wurde zunächst ein Begegnungsraum für ein Kennenlernen und für einen kurzen Austausch zwischen den Teilnehmenden ermöglicht. Menschen, über die in diversen Diskursen gesprochen wird, aber auch Menschen, die sich beruflich mit dieser Thematik beschäftigen, konnten bei dieser Gelegenheit reflektieren, was die Bezeichnung »Migrationshintergrund« in ihnen auslöst, was ihnen in den bisherigen Diskursen fehlt und was sie sich von der Veranstaltung erhoffen.

Bei diesem Austausch wurde deutlich, dass einige sich mit dieser Bezeichnung, sowohl in der Rolle der Benennenden als auch der Benannten, nicht wohlfühlen. Zudem erhofften sich einige Teilnehmende von der Veranstaltung, eine Alternativbezeichnung mit an die Hand zu bekommen.

Im Anschluss fand ein ca. 30-minütiger Inputvortrag der Referentin Dr. Anne-Kathrin-Will, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität und assoziiertes Mitglied des Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) e. V., statt, die sich der Thematik aus einer wissenschaftlichen Perspektive zuwandte.

Thematisch stellte die Referentin zunächst die Vorgeschichte der Kategorie Migrationshintergrund, die ursprünglich den Begriff »Ausländer*in« ersetzen sollte, sowie den Stellenwert der Kategorie in der Repräsentativstatistik vor und verwies auf folgende Definition:

»Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt.« (Statistisches Bundesamt 2019, S. 14)

Hierbei wurde deutlich, dass der Begriff recht umständlich über 10 verschiedene Merkmale, u. a. Staatsangehörigkeit, Geburtsort, Geburtsort der Eltern, Art des Erwerbs der Staatsangehörigkeit (und die der Eltern) usw., operationalisiert wird und die erste und zweite Einwanderungsgenerationen zusammengefasst werden. Die Referentin verwies neben den empirischen Schwierigkeiten, die bei der Operationalisierung auftreten (z. B. Betonung und Unsichtbarmachung von Auslandsbezügen; Hierarchisierung von Deutschen und Nichtdeutschen auf den problematischen Aspekt dieser Bezeichnung auf der symbolischen Ebene, die eine höchst essentialistische ist und Sozialisationsaspekte nicht berücksichtigt (soziale Elternschaft). So ist das Abstammungsprinzip dieser Definition inbegriffen. Denn nur jemand mit deutschen Vorfahren (auf Seiten beider Elternteile) kann per Definition als Deutsche*r gelten.

Frau Dr. Will schlug vor, eher von Migrationserfahrung, als von »Migrationshintergrund« zu sprechen und Menschen nach ihren Zuschreibungserfahrungen zu fragen.

In der anschließenden Diskussion kam die Frage auf, wieso sich der Begriff »Migrationshintergrund« in den Diskursen dennoch so lange trage, wenn dies schon aus wissenschaftlicher Sicht wenig Sinn ergebe und ob die Kategorie insgesamt vermieden werden könne.

Auf diese Fragen hob die Referentin hervor, dass sich dieser Begriff trage, weil der Begriff der Ausländer*in als nicht mehr adäquat empfunden werde. Die so entstehende Lücke werde mit diesem Begriff gefüllt. Der Begriff »Eingewanderte und ihre Nachkommen«, der sich nur auf eine Generation beziehe und von den Neuen Deutschen Medienmacher*innen geprägt worden sei, erscheine ihr als ein passender Begriff. Für Antidiskriminierungsmaßnahmen würde eine Benennungskategorie benötigt und der Begriff »Migrationshintergrund« stünde hier für die Kategorie, mit der umschrieben wird, dass eine bestimmte Gruppe von Menschen gefördert werden sollte. Daher sei es aktuell noch schwierig, diesen Begriff ganz zu vermeiden.

Einige Teilnehmende verbanden mit dem Begriff eine sachliche Beschreibung und fragten sich, ob der Begriff nicht auch positiv umgedeutet werden könne. Auch solle es weniger an der Politik und Wissenschaft und viel mehr an Menschen, die es betrifft und über die gesprochen wird, liegen, wie sie genannt werden wollen. Auch wurde gefragt, ob es nicht etwas Menschliches sei, dass wir stets nach Kategorien suchen, um Mitmenschen zu lesen: Menschen die Seite 3 von 4 zuvor als Ausländer*in, dann als Migrant*innen bezeichnet wurden, werden heute wiederum als Muslim*innen gelesen, was wiederum problematisch sein könne. Diskutiert wurde daran anknüpfend, ob soziokulturelle Aspekte vor wissenschaftlichen Kategorien in den Mittelpunkt gestellt werden sollten. Andere Teilnehmende äußerten Bedenken, ob Einwanderung oder Mobilität eine ausreichende Kategorie darstelle, um Menschen zu differenzieren, denn Erfahrungen seien sehr heterogen und eben nicht darauf reduzierbar. Auch wünschten sich Teilnehmende Alternativen, weil diese Konstruktion von Menschengruppen zu sehr an dunkle Zeiten in Deutschland erinnere. Sie plädierten für einen Weg aus den Zuschreibungsprozessen. Anstelle von Migrant*in, Post-Migrant*in, Migrant*in 2./ 3./ 4. Generation solle man doch lieber den Menschen an sich sehen. Auch zeigte sich die emotionale Dimension dieses Themas, denn obwohl die Selbstbeschreibung als Deutsche*r oftmals besteht, führen die Fremdzuschreibungen dazu, dass der Migrationshintergrund letztlich übernommen werden muss, was wiederum einen Konflikt mit der Selbstzuschreibung erzeugen kann.

Die Referentin verwies insgesamt in der Diskussion darauf, dass wir eine Benennung nicht vermeiden können, da wir weiterhin benennen müssen, vor allem im Hinblick auf die Erforschung von Diskriminierung. Aber aus ihrer Sicht sollte nur von Einwanderern und ihren Nachkommen gesprochen werden, nicht mehr von der 3. und weiteren nachfolgenden Generationen, da dies stark an Ariernachweise erinnere. Hierin sieht die Referentin Gefahren. Es gelte, zivilgesellschaftliche Stimmen zu sensibilisieren, um zu zeigen, dass es nicht nur ein Gefühl ist, dass sich Leute durch diese Bezeichnung ausgeschlossen fühlen, sondern dass dies tatsächlich passiere. Sie unterstrich, dass aktuell alle Menschen, die einen Auslandsbezug haben, von der Begrifflichkeit umfasst werden, obwohl sie einen deutschen Pass haben und obwohl sie hier geboren sind. Zeitgleich zeige sich, dass wir zukünftig auch hinterfragen müssen, was das Deutsche ist. Eine Frage, die wir uns stellen sollten sei, wie Deutsch und Deutsch+ gleich gesehen werden kann. Eine inklusive Idee von Deutschsein fehlt der Referentin zufolge aktuell noch.

Am Ende einer interessanten Diskussion unter reger Beteiligung äußerten Teilnehmende für eine weitere Veranstaltung den Wunsch, diesen Diskurs breiter zu fassen und die Beziehung von Fremdzuschreibung-, Selbstwahrnehmung und Selbstzuschreibung und die damit einhergehenden Prozesse für die Identitätsbildung aufzugreifen.

Dieser Bericht wurde von Roshanak Roshanbin, Projektmitar
beiterin bei der Iranischen Gemeinde in Deutschland e. V. und Selia Boumessid, Projektmitarbeiterin beim BBE, verfasst.

Bericht über das Ergebnis der Spendenaktion für die Erdbebenopfer im Iran

By Archiv

Bericht über das Ergebnis der Spendenaktion für die Erdbebenopfer im Iran

 

Die iranische Gemeinde in Deutschland (IGD) hat 2019 nach katastrophalen Überschwemmungen in vielen Provinzen des Irans gemeinsam mit 15 weiteren iranischstämmigen Vereinen eine Spendenaktion gestartet. Der gesammelte Betrag i.H.v. 8.105,00 (Achttausend einhundert und fünf) Euro wurde im November 2019 in Teheran an HAMI-Verein, eine iranische NGO, übergeben. Der HAMI Verein plante zu diesem Zeitpunkt Wiederaufbau zerstörter Schulen bzw. Aufbau neuer Schulen mit Spendengeldern im von der Flutkatastrophe betroffenen Provinz Ahvaz.

Laut HAMI Verein ist die gesammelte Spende beim Aufbau des Gymnasiums „Khatere“ für die Mädchen in „Om eltamir“ im Provinz Ahvaz verwendet. Unter folgendem Link können Sie einen Eindruck von Aufbauarbeiten gewinnen.

 

 

Stellungnahme zum islamistischen Terror in Europa

By Presse & Mitteilungen, Pressemitteilungen

Iranische Gemeinde in Deutschland verurteilt auf Schärfste den islamistischen Terror in den letzten Wochen in Frankreich, England, Deutschland, Afghanistan und Österreich. Diese Terrorakte sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ist ein offener Angriff auf universelle Werte der Menschenrechte und Demokratie.

Die Demokratie und junge Menschen mit Mitgrationshintergrund in Gefahr 

Wir beobachten mit zunehmender Sorge den Aufstieg des islamischen Fundamentalismus auf der ganzen Welt, insbesondere in Europa und auch hier in Deutschland. Indem sie sich hinter religiösen Institutionen und Symbolen verstecken und die freiheitlich demokratische Grundordnung in den Aufnahmegesellschaften missbrauchen, versuchen die Islamisten unentwegt, Teile der Migranten-Community und Geflüchteten, insbesondere Jugendlichen, die womöglich unter Diskriminierung, Ausgrenzung und rassistische Übergriffe leiden und sich zum Teil in den tiefgreifenden Identitätssuchprozessen befinden, für ihre hasserfüllten und menschenfeindlichen Gedankengut zu gewinnen.
Ausbau und Entwicklung des Terrornetzwerks in Europa 

Islamische Fundamentalisten versuchen, die Demokratie und die demokratischen Werte in den Aufnahmegesellschaften als Hauptgrund für die rassistischen und diskriminierenden Erfahrungen im täglichen Leben von Einwanderern, insbesondere jungen Menschen ausländischer Herkunft darzustellen. Viel zu lange wurden diese aufrührerischen Bestrebungen aus politischen Gründen und falscher Rücksichtnahme von staatlichen Sicherheitsinstitutionen toleriert. In den letzten Jahren sind viele junge Anhänger aus salafistischen Szenen zum „Islamischen Dschihad“ in Teile des Iraks und Syriens gereist und haben sich dem Islamischen Staat angeschlossen. Nach dem Zerfall des IS kehren jetzt viele Kämpfer nach Deutschland und in andere europäische Länder zurück. Nebenbei werden seit Langem eine Reihe von scheinbar religiösen Institutionen von ausländischen Regierungen in Deutschland als Netzwerk zur Verbreitung von Hass, Antisemitismus, fundamentalistische Ansichten sowie zur Bereitstellung logistischer Einrichtungen für Terroranschläge eingesetzt. Jedes Jahr anlässlich des Al-Quds-Tages finden in Berlin Demonstrationen statt, deren Hauptslogans antisemitische und hasserfüllte Hetze sind. Zusätzlich zu diesen subversiven Aktivitäten wurden in Deutschland und Europa eine Reihe von Wirtschaftsinstitutionen für die Geldwäsche eingerichtet. Auf diese Weise konnten Islamisten ihr Terrornetzwerk in Form religiöser, wirtschaftlicher und politischer Institutionen in Deutschland und ganz Europa ausbauen, was durchaus eine ernsthafte Bedrohung für die Demokratie darstellt. Um diesem Netzwerk zu begegnen, erfordert es eine gemeinsame Anstrengung und ernsthaftes Handeln aller demokratischen Kräfte mehr als je zuvor.

Der Kampf gilt auch gegen Rassismus und Rechtsextremismus

Es sollte betont werden, dass der Kampf gegen den islamischen Fundamentalismus nicht vom Kampf gegen Rassismus und andere extremistische Tendenzen wie Rechtsradikale, neonazistische und faschistische getrennt werden kann, und es ist offensichtlich, dass die Konfrontation mit Islamisten und deren Bekämpfung nicht nur ausschließlich sicherheitstechnisch und politisch zu bewerkstelligen ist. Solange die soziale und kulturelle Grundlage zur Entstehung und Entwicklung islamistisches Gedankengut existiert, kann die einseitige Bekämpfungsstrategie nicht zum Erfolg führen. Die Stärkung und Unterstützung säkularer und demokratischer Institutionen der Einwanderer- und Migranten in Deutschland und Europa sowie die Schaffung einer Perspektive für die Teilnahme am politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturell-pädagogischen Leben, insbesondere für Kinder und Jugendliche ist vermutlich eine der wirksamsten Instrumentarien, den weiteren Zulauf zum islamischen Extremismus zu verhindern.

Ehrenamtler*innen mit Migrationshintergrund im Einsatz für Flüchtlinge

By Archiv

Ehrenamtler*innen mit Migrationshintergrund im Einsatz für Flüchtlinge

 

Seit April 2019 ist die IGD e.V. als einer von fünf Migrantenverbänden in Deutschland im Projekt „Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund im Einsatz für Flüchtlinge“ (EEF) der BAGIV tätig. Koordinatorin für die IGD e.V. ist Rachel Clarke. 
10 Flüchtlingsbeauftrate sind in der niederschwelligen Beratungsarbeit tätig und/oder fördern das Selbst-Empowerment bzw. Teilhabe von Geflüchteten aus dem Iran, Afghanistan und anderen Ländern.

Es folgt ein Erfahrungsbericht von Banafsheh Nejati Barogh, EEF Flüchtlingsbeauftragte für die IGD e.V.,

Standort: Chemnitz.

 

Erst die Sorgen überwinden, dann Theater spielen

Ich heiße Banafsche Nejati Barogh und bin ausgebildete Schauspielerin aus dem Iran. Seit zwei Jahren wohne ich in Chemnitz, lerne Deutsch und bin seit März 2020 ehrenamtlich als Flüchtlingsbeauftragte für die IGD e.V. dort tätig. Die Probleme der Neuangekommene in Deutschland kenne ich aus eigenen Erfahrungen.
Man kann nicht darauf warten, bis man die Sprache kann, um Freunde und Anschluss zu finden, da würde man dabei vereinsamen! Und vor allem: Um eine Sprache zu lernen, brauchen wir Austausch in jener Sprache! Anstatt an der Situation zu verzweifeln wollte ich eine Theatergruppe in Chemnitz gründen. Aber mir fehlten noch Kontakte. Also griff ich zum Telefon und sprach mit der Stadt, mit einer Pastorin und mit einer Übersetzerin: Sie waren alle gut vernetzt.  Ich konnte auch einen Raum, die für Vereine zur Verfügung steht, auch mitnutzen.

Bald fand das erste Treffen statt – und ich mich in einer Gruppe von acht Frauen, die unterschiedlich lang in Deutschland gewesen waren.  Sie meinten, sie hätten zu vielen Alltagssorgen und daher zu wenig Muße, um Theater zu spielen.  Also bildeten wir eine Hilfe zur Selbsthilfe Gruppe für geflüchtete Frauen mit Muttersprache Farsi und Dari.

Es stoßen zu unsere Gruppe immer mehr Frauen dazu. Die Gespräche finden auf Deutsch statt, und erklären nur das, was nicht verstanden wurde auf Farsi oder Dari.  Am Ende jeder Sitzung wählen wir ein Thema für die kommende Woche: das könnte zum Beispiel das Grundgesetz, Frauenrechte, Kindererziehung, die Anerkennung von Zeugnissen oder die Job-, Studienplatz oder Ausbildungssuche hier sein.  Jede sammelt wichtige Infos zu diesem Thema im Internet, um sie dann mit der Gruppe zu teilen. Zudem gehen wir auf die Probleme der Einzelne ein.  Die Diskussion wird immer besonders animiert, wenn es um Verhaltens- und Kommunikationsregel hier im Vergleich zum Iran und Afghanistan geht. Als Schauspielerin habe ich natürlich Freude an diesem Thema.

Im März verzweifelte ich noch daran, ob ich jemals eine Gruppe zusammen bekommen wurde: Wie sollte man im Lockdown neue Menschen kennenlernen?! Aber schon im Mai waren so viele Leute dabei, dass ich dafür sorgen musste, dass jede Frau im Online-Gespräch gleich viel Redezeit bekommt.  Wir treffen uns immer weiter – trotz der Kontakteinschränkungen – aber eben online.
Als ich nicht weiter wusste, habe ich die Fühler ausgestreckt und nach Unterstützung gefragt.  Das hat sich in diesem Fall bewährt.

Und eines Tages, wenn die Alltagssorgen überwunden sind, finden wir doch die Muße Theater zu spielen.