Ehrenamtler*innen mit Migrationshintergrund im Einsatz für Flüchtlinge

 

Seit April 2019 ist die IGD e.V. als einer von fünf Migrantenverbänden in Deutschland im Projekt „Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund im Einsatz für Flüchtlinge“ (EEF) der BAGIV tätig. Koordinatorin für die IGD e.V. ist Rachel Clarke. 
10 Flüchtlingsbeauftrate sind in der niederschwelligen Beratungsarbeit tätig und/oder fördern das Selbst-Empowerment bzw. Teilhabe von Geflüchteten aus dem Iran, Afghanistan und anderen Ländern.

Es folgt ein Erfahrungsbericht von Banafsheh Nejati Barogh, EEF Flüchtlingsbeauftragte für die IGD e.V.,

Standort: Chemnitz.

 

Erst die Sorgen überwinden, dann Theater spielen

Ich heiße Banafsche Nejati Barogh und bin ausgebildete Schauspielerin aus dem Iran. Seit zwei Jahren wohne ich in Chemnitz, lerne Deutsch und bin seit März 2020 ehrenamtlich als Flüchtlingsbeauftragte für die IGD e.V. dort tätig. Die Probleme der Neuangekommene in Deutschland kenne ich aus eigenen Erfahrungen.
Man kann nicht darauf warten, bis man die Sprache kann, um Freunde und Anschluss zu finden, da würde man dabei vereinsamen! Und vor allem: Um eine Sprache zu lernen, brauchen wir Austausch in jener Sprache! Anstatt an der Situation zu verzweifeln wollte ich eine Theatergruppe in Chemnitz gründen. Aber mir fehlten noch Kontakte. Also griff ich zum Telefon und sprach mit der Stadt, mit einer Pastorin und mit einer Übersetzerin: Sie waren alle gut vernetzt.  Ich konnte auch einen Raum, die für Vereine zur Verfügung steht, auch mitnutzen.

Bald fand das erste Treffen statt – und ich mich in einer Gruppe von acht Frauen, die unterschiedlich lang in Deutschland gewesen waren.  Sie meinten, sie hätten zu vielen Alltagssorgen und daher zu wenig Muße, um Theater zu spielen.  Also bildeten wir eine Hilfe zur Selbsthilfe Gruppe für geflüchtete Frauen mit Muttersprache Farsi und Dari.

Es stoßen zu unsere Gruppe immer mehr Frauen dazu. Die Gespräche finden auf Deutsch statt, und erklären nur das, was nicht verstanden wurde auf Farsi oder Dari.  Am Ende jeder Sitzung wählen wir ein Thema für die kommende Woche: das könnte zum Beispiel das Grundgesetz, Frauenrechte, Kindererziehung, die Anerkennung von Zeugnissen oder die Job-, Studienplatz oder Ausbildungssuche hier sein.  Jede sammelt wichtige Infos zu diesem Thema im Internet, um sie dann mit der Gruppe zu teilen. Zudem gehen wir auf die Probleme der Einzelne ein.  Die Diskussion wird immer besonders animiert, wenn es um Verhaltens- und Kommunikationsregel hier im Vergleich zum Iran und Afghanistan geht. Als Schauspielerin habe ich natürlich Freude an diesem Thema.

Im März verzweifelte ich noch daran, ob ich jemals eine Gruppe zusammen bekommen wurde: Wie sollte man im Lockdown neue Menschen kennenlernen?! Aber schon im Mai waren so viele Leute dabei, dass ich dafür sorgen musste, dass jede Frau im Online-Gespräch gleich viel Redezeit bekommt.  Wir treffen uns immer weiter – trotz der Kontakteinschränkungen – aber eben online.
Als ich nicht weiter wusste, habe ich die Fühler ausgestreckt und nach Unterstützung gefragt.  Das hat sich in diesem Fall bewährt.

Und eines Tages, wenn die Alltagssorgen überwunden sind, finden wir doch die Muße Theater zu spielen.