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PRESSEMITTEILUNG: Zum Internationalen Tag der Menschenrechte

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„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, so lautet der erste Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR). Unter den Eindrücken des Zweiten Weltkriegs und der Gräueltaten des Nationalsozialismus wurde sie am 10. Dezember 1948 von den Vereinten Nationen (UN) verabschiedet. 73 Jahre nach der Unterzeichnung dieses bedeutsamen Dokuments und trotz zahlreicher internationaler Abkommen und dem Engagement der Vereinten Nationen kommt es weltweit immer wieder zu schwersten Menschenrechtsverletzungen. Die Menschen, die wegen Krieg, bewaffneten Konflikte, politischer Verfolgung oder Umweltkatastrophen, einschließlich Wassermisswirtschaft, insbesondere im Nahen Osten u.a. in Iran und nicht zuletzt zerstörerischer neoliberaler Wirtschaftspolitik ihre Heimat verlassen mussten, gehören zu den dramatisch wachsenden Gruppen, die aktuell häufig von massiven Menschenrechtsverletzungen betroffen sind. Ende 2018 waren den Vereinten Nationen zufolge weltweit erstmals mehr als 70 Millionen Menschen auf der Flucht. Schutzsuchende werden oft diskriminiert, angegriffen und können etwa ihr Recht auf Bildung oder Gesundheitsversorgung besonderes während der Corona-Pandemie nicht wahrnehmen.

Leider sind Menschenrechtsverletzungen nicht nur auf Krisengebiete beschränkt, auch innerhalb der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland nehmen die Fälle zu. Die Misshandlung von Einwanderern, die gestiegene Anzahl armer Kinder, die unaufhaltsame Vergrößerung der Armut und Vermögenslücke gestärkt durch Pandemie und die Ausweitung des Niedriglohnsektors in der Wirtschaft sind einige Beispiele für Menschenrechtsverletzungen in europäischen Gesellschaften, darunter auch in Deutschland.

Bedauerlicherweise bleibt die Menschenrechtslage im Iran und in Afghanistan weiterhin sehr besorgniserregend und desolat. Die in Köln lebende Architektin und Frauenrechtlerin Nahid Taghavi ist seit einem Jahr unter menschenunwürdigen Bedingungen in Teheran inhaftiert. Sie wurde mehrmals verhört und verbrachte mehr als 1.000 Stunden in Einzelhaft. Trotz Zahlung einer Kaution von rund 70.000 Euro erhielt der 66-Jährige keine sofortige Beurlaubung aus der Haft, um medizinisch versorgt zu werden.

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (ISHR) setzt sich seit ihrer Festnahme für ihre Freilassung und die von einer Reihe anderer politischen Gefangenen, darunter auch Doppelstaatsangehörigen, die wegen erfundener Anschuldigungen zu langer Haft verurteilt wurden, ein.

Gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen und Menschenrechtsorganisationen fordern wir die neue Bundesregierung und insbesondere ihre Außenministerin, Frau Baerbock, auf, sich aufgrund der angekündigten neuen werteorientierten Außenpolitik Deutschlands, wie auch im Koalitionsvertrag ausdrücklich festgehalten, für die Freilassung inhaftierter Doppelstaatsangehöriger, Frauenrechtler*innen, Menschenrechtler*innen und Umweltaktivist*innen im Iran einzusetzen.

Aufruf zur Teilnahme an den Wahlen 2021

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Zur Unterstützung von Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und einer nachhaltigen Zukunft und Gleichberechtigung für alle Bürgerinnen und Bürger einer postmigrantischen Gesellschaft

 

Wir leben in einer Zeit des totalen Wandels mit vielen Herausforderungen. Die gravierenden Folgen des Klimawandels, weltweite Migrationsströme, steigende Armut und soziale Marginalisierung bei einer überproportionale Anhäufung von Kapital in den Händen Weniger, Demokratiekrisen in großen Teilen der westlichen Welt, zunehmende rassistische, antisemitische und neofaschistische Bewegungen, die Coronapandemie, eine wieder steigende Gefahr durch islamistische Extremisten und nicht zuletzt auch die umfassende Digitalisierung und Modernisierung unserer Gesellschaften sind wichtige Herausforderungen der Gegenwart. Auch die Bundesrepublik Deutschland sieht sich diesen Herkulesaufgaben gegenüber, die trotz ihrer Rolle als eine der führenden Wirtschaftsmächte weltweit insbesondere im Bereich der Informationstechnologie nicht nur den USA und China, sondern auch mehreren europäischen Ländern hinterherhinkt.

Die Iranische Gemeinde in Deutschland (IGD) hat im Rahmen ihrer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter der Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen (BKMO), dem Verband für Interkulturellen Wohlfahrtspflege, Empowerment und Diversity (VIW) und dem Bundenetzwerk bürgerschaftliches Engagement (BBE) stets dazu aufgerufen, diese dringenden Themen immer wieder gesellschaftlich zu thematisieren. Zugleich weist die IGD auch im Dialog mit politischen und staatlichen Institutionen, wie etwa dem Integrationsgipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem Kanzleramt zum Nationalen Aktionsplan – Integration (NAP-I) unter Federführung von Staatsministerin Widmann-Mauz oder in Gesprächen mit den zuständigen Referatsleitungen im Innen- und Familienministerium, Auswärtigen Amt sowie Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit, immer wieder auf die Wichtigkeit dieser Themenfelder hin. Aktiv engagiert sich die IGD auch bei der Erstellung von Positionspapieren, Forderungen zur Bundestagswahl, der Antirassismusagenda 2025, Arbeitsplänen und der Erarbeitung des Entwurfs eines Bundespartizipationsgesetzes.

Im Zuge dieser Aktivitäten in Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen hat die IGD zusammen mit anderen Mitgliedern der Bundeskonferenz der Migrant:innenorganisationen in Deutschland (BKMO) drei wichtige Dokumente veröffentlicht:

Nur durch aktive Partizipation und umfassendes Engagement für die gesellschaftspolitischen Prozesse in einer Demokratie können wir unsere politische Selbstwirksamkeit entfalten und unsere Forderungen durchsetzen. Durch eine starke Beteiligung an den Wahlen tragen wir zur Stärkung und Stabilität der freiheitlich demokratischen Grundordnung Deutschlands bei.

Daher rufen wir alle in Deutschland lebenden Iraner:innen, iranischstämmige und persischsprachige Bürger:innen und alle anderen Wahlberechtigten auf, sich aktiv an der bevorstehenden Bundestagswahl sowie den Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zu beteiligen.

Pressemitteilung der BKMO zur Bundestagswahl 2021

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Bundestagswahl 2021: Nach Worten und Wahlen endlich Taten – wirksame Pakte gegen rechts und für Demokratie

Berlin, 28. September 2021

 

Nach der Achterbahnfahrt der Umfragen der letzten Wahlkampfmonate haben die Bürger*innen am 26.09.2021 endlich gesprochen. Die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisation (BKMO) gratuliert den im Bundestag vertretenen Parteien, die ihren Stimmenanteil gegenüber 2017 steigern konnten – SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP – und fordert Maßnahmen zur Rassismusbekämpfung und Demokratieförderung.

 

„Die große Koalition wurde aus unserer Sicht zu Recht abgewählt, weil sie trotz ihrer großen Mehrheit in der letzten Legislaturperiode die Chance versäumt hat, überfällige gesellschaftliche Reformen für mehr Vielfalt und gesellschaftlichen Zusammenhalt umzusetzen. So warten wir immer noch auf ein Partizipations- und Teilhabegesetz, das überfällige Demokratiefördergesetz und auf wirksame Maßnahmen gegen Rassismus und Rechtsextremismus,“ kommentiert Dr. Kamila Schöll-Mazurek, die gegenwärtige Ko-Sprecherin der BKMO. Die BKMO ruft die nächste Bundesregierung auf, die zentralen Forderungen von 26% der Bevölkerung – das sind die Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland – umzusetzen. Mit der Antirassismus-Agenda 2025 sowie dem Gesetzentwurf für ein Bundespartizipationsgesetz hat die BKMO ganz konkrete Vorschläge vorgelegt, wie Rassismus in unserer Gesellschaft bekämpft werden und mehr gleichberechtigte Teilhabe für alle verwirklicht werden kann.

 

“Insgesamt können wir bei der Bundestagswahl einen deutlichen Trend gegen rechte Positionen beobachten, das ist erstmal erfreulich!“, so Michael AlliMadi, ebenfalls Ko-Sprecher der BKMO. „Allerdings sind die Ergebnisse aus einzelnen Bundesländern wie in Sachsen und Thüringen absolut besorgniserregend.“ Die BKMO ruft die demokratischen Parteien dazu auf, in Zukunft in einem Pakt für Demokratie eng mit der Zivilgesellschaft, einschließlich der Organisationen von Migrant*innen und Neuen Deutschen Organisationen, zusammenarbeiten und gemeinsam aussichtsreiche Kandidat*innen zu unterstützen. Damit können wir verhindern, dass die Stimmen der Demokratie so stark zersplittert werden und dadurch Direktmandate an Demokratiegegner*innen gehen.

 

Schließlich appelliert die BKMO an die Wichtigkeit zügiger Verhandlungen zur Gestaltung der Zuwanderungsgesellschaft in einer Form, welche die gleichberechtigte Teilhabe von allen ermöglicht: „Es wäre schlecht, wenn jetzt viele Projekte der Zivilgesellschaft nur dadurch abgebremst würden, dass Koalitionsverhandlungen so lange dauern, dass der Bundeshaushalt 2022 nicht rechtzeitig verabschiedet würde. Deshalb sind die Parteien aufgefordert, schnell Verhandlungen aufzunehmen und eine tragfähige Regierung zu bilden,“ so Dr. Schöll-Mazurek abschließend.

 

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26% der Menschen in Deutschland haben Migrationsgeschichte und brauchen eine Stimme: Die Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (BKMO) ist ein Zusammenschluss von über 70 Migrant*innenorganisationen mit dem bundespolitischen Anspruch, als Ansprechpartner von Bundestag und Bundesregierung politische Impulse zu setzen und zu einer zukunftsgewandten, alle umfassenden und teilhabeorientierten Politik beizutragen.

www.bundeskonferenz-mo.de

 

Der Vertreter*innenrat der BKMO

Michael AlliMadi, Panafrikanische Organisation; Ehsan Djafari, Iranische Gemeinde in Deutschland e.V.; Sami Dzemailovski, Verband für interkulturelle Wohlfahrtspflege Empowerment und Diversity; Meral El, neue deutsche organisationen e.V.; Dunja Khoury, Verband Deutsch-Syrischer Hilfsvereine; Mamad Mohamad, Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt e.V.; Marianne Ballé Moudoumbou, Pan African Women’s Empowerment and Liberation Organisation; Galina Ortmann, Bundesverband interkultureller Frauen BiFeV; José Manuel Paca, Dachverband der Migrantenorganisationen in Ostdeutschland; Dr. Kamila Schöll-Mazurek, Polnischer Sozialrat e.V.; Susanna Steinbach, Türkische Gemeinde in Deutschland e.V.; Karen Taylor, Each One Teach One (EOTO) e.V.; Efe Ural, Young Voice TGD e.V.

 

Pressekontakt: Kaan Bağcı

info@bk-mo.de

01520 6862206

Stellungnahme zu den neusten Ereignissen in Afghanistan

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Was in diesen Tagen in Afghanistan passiert ist eine große humanitäre und politische Katastrophe. Der Zusammenbruch der Regierung Afghanistans und das Wiederaufleben der reaktionären und kriminellen Taliban-Gruppe, die einerseits aus der fehlgeleiteten Politik der beteiligten Staaten, insbesondere US-Regierung und ihrer Verbündeten und andererseits der Kapitulation der Regierung von Ashraf Ghani resultierten, bringt eine neue Welle von islamistischem Fanatismus, Terrorismus, Fundamentalismus, Frauenfeindlichkeit und Menschenrechtsverletzungen in diesem Land mit sich.

Aufgrund der beklagenswerten Lage im Land hat bereits eine starke Migrationswelle aus Afghanistan begonnen. Diese schmerzliche Tatsache zeigt einmal mehr, dass das Argument „Afghanistan sei inzwischen ein sicheres Land“ eindeutig widerlegt ist. Diese Rhetorik hat dazu geführt, dass in den letzten Jahren viele afghanische Flüchtlinge unrechtmäßig abgeschoben und dadurch einer lebensbedrohlichen Gefahr wehrlos ausgeliefert wurden.

In diesen schwierigen und bitteren Tagen bekunden wir unsere Solidarität mit unseren afghanischen Schwestern und Brüdern, deren Leben durch die reaktionäre Taliban-Regierung bedroht ist und fordern die deutsche Regierung auf:

  • Die Rückführung afghanischer Flüchtlinge nach Afghanistan zu stoppen.
  • Auf europäischer Ebene an einer Lösung für die Aufnahme afghanischer Flüchtlinge zu arbeiten, die nun gezwungen sind ihr Heimatland zu verlassen.
  • Tausenden afghanischen Flüchtlingen, die sich bereits in Deutschland befinden, den längerfristigen Aufenthalt in Deutschland zu gewähren, um ihnen ihre Unsicherheit zu nehmen und zu helfen, sich so schnell wie möglich besser und schneller in Deutschland zu integrieren.

Abschließend rufen wir hiermit alle Mitglieder der iranischen Gemeinde und weitere iranischen und iranischstämmigen zivilgesellschaftlichen Organisationen in Deutschland auf, ihr Möglichstes zu tun, um die traumatisierten und seelisch verwundeten Bürger Afghanistans, insbesondere die neu angekommenen Geflüchteten, zu unterstützen.

 

Vorstand der Iranischen Gemeinde in Deutschland

STELLUNGNAHME: wegen der Verurteilung der deutsch-iranischen Architektin im Iran

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Mit großem Bedauern haben wir erfahren, dass Frau Nahid Taghavi, eine deutsch-iranische Architektin, die am 16. Oktober 2020 im Iran festgenommen wurde, vor wenigen Tagen von einem Gericht in Teheran wegen angeblicher „Beteiligung an der Führung einer illegalen Gruppe“ zu Unrecht zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde.

Es ist nicht das erste Mal, dass deutsche Staatsbürger*innen im Iran unter falschen Vorwänden festgenommen und für politische Zwecke missbraucht werden. Eines der prominentesten Beispiele war der 1997 festgenommene und zur Steinigung verurteilte Hamburger Kaufmann Helmut Hofer.

Wir als Bundesverband der Iraner*innen und Iranischstämmigen in Deutschland sehen wir uns verpflichtet, uns für die Bürger- und Menschenrechte von Frau Taghavi gemäß unserer Satzung einzusetzen. Angesichts der Krankheit von Frau Taghavi und der katastrophalen Zustände der Gefängnisse, besonders wegen der verheerenden momentanen Entwicklung der Corona-Pandemie ist sie in Lebensgefahr. Daher wenden wir uns mit der Forderung an die Bundesregierung Deutschlands, sich mit allen zur Verfügung stehenden rechtlichen und diplomatischen Mitteln für die Freilassung von Frau Taghavi aus dem Gefängnis in der Islamischen Republik und ihre Rückkehr nach Deutschland einzusetzen. Frau Taghavi darf nicht als menschliches Faustpfand für politische Zwecke missbraucht werden.

 

Vorstand der Iranischen Gemeinde in Deutschland

Zu den Protesten in der Provinz Chuzestan im Iran

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Chuzestan, dieser üppige und herrliche flache Landesteil des Irans, ist zurzeit mit Dürre und Wasserknappheit, Strommangel, Armut und Arbeitslosigkeit, Folgen der Corona-Pandemie und massive Umweltzerstörung konfrontiert. Und die Reaktion der Politiker und unfähigen verantwortlichen Beamten auf die Demonstrierenden Bevölkerung ist nichts anderes, als diese mutigen und furchtlosen Menschen zu tyrannisieren und denen Peitschen, Schlagstocke und brennender Kugelhagel entgegenzusetzen.

Angesichts der nie da gewesenen ununterbrochenen Drohsituation für das Leben der Bevölkerung von Chuzestan, sind der Aufschrei und die friedvollen Proteste absolut gerechtfertigt und ist und bleibt Teil ihrer unveräußerlichen und unabdingbaren Menschenrechte.

Warum sollten Iraner, die in einem der reichsten Länder der Welt beheimatet sind, mit seinen riesigen Bodenschätzen, seiner vielfältigen Natur, seiner alten Zivilisation und Geschichte und einer großen Anzahl mitfühlender, fähiger und bewusster Frauen und Männer ein so tragisches Schicksal erleiden?

Die iranische Gemeinde in Deutschland verurteilt die repressive und gewaltsame Vorgehensweise der Sicherheitskräfte und die Tötung der Freiheitssuchenden und unschuldigen Bürger und drückt ihr tiefes Mitgefühl und ihre Solidarität mit der ehrenwerten, mutigen und unterdrückten Bevölkerung von Chuzestan aus und bekundet den Familien der bei den jüngsten Protesten Getöteten ihr aufrichtiges Beileid.

Vorstand der Iranischen Gemeinde in Deutschland

1. Mai als Tag der Arbeit

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Anfang 1886, fast genau 30 Jahre nach der Massendemonstration am 1. Mai 1856 in Australien riefen die nordamerikanischen Handel- und Arbeitergewerkschaften zu einem mehrtägigen Generalstreik auf. Hauptgründe waren die schlechten Arbeitsbedingungen und die ungerechte Bezahlung der Industriearbeiter. Seitdem wird jedes Jahr in vielen Ländern an diesem Tag als Tag der Arbeit erinnert und zur Solidarität, sozialen Gerechtigkeit und Chancengerechtigkeit für die arbeitenden Menschen aufgerufen. 135 Jahre später gibt es weiterhin vielerorts, wo die Rechte der arbeitenden Menschen unter anderem auch im Iran nicht hinreichend gewahrt werden und jeder berechtigte Protest rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Dieses Jahr steht der 1. Mai im Zeichen der Pandemie. Die Lohnabhängigen haben mit Massenentlassungen, Kurzarbeit, Union Bussing, hohen Mieten und erhöhten Lebensmittelpreisen zu kämpfen. Menschen, die in den prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind und ein geringes Einkommen beziehen, können kaum von ihrem Kurzarbeiter: innengeld leben und sind auf Grundsicherung angewiesen. Fast jede:r Fünfte ist laut Umfragen im Niedriglohnsektor beschäftigt. Insbesondere sind Menschen mit Migrationsbiografien davon betroffen und werden auch oft als Leiharbeiter:innen oder über Werkverträge zu Dumpinglöhnen beschäftigt.

Auch die iranische Community spürt die Auswirkungen der Pandemie: Viele mussten sich im Arbeitsumfeld neuen Herausforderungen stellen oder in Kurzarbeit gehen. Einige haben gar ihre Jobs verloren. Unter iranischstämmigen Studierenden sorgt die Pandemie auch für große Schwierigkeiten in Bezug auf ihre Nebenjobs, mit denen sie oftmals ihren Studienaufenthalt in Deutschland finanzieren müssen.

Diese Pandemie zeigt auch, wie eklatant die Schere zwischen arm und reich weiter auseinanderklafft. Während ganze Branchen von Insolvenz bedroht sind, gibt es Krisengewinner, die sich in dieser Situation zum Teil unermesslich bereichert haben.

Es ist jetzt wirklich an der Zeit, in diesen epochalen Transformationszeiten nochmals die Frage zu stellen, in welcher Gesellschaft wir in der Zukunft zusammenleben wollen, in einer solidarischen, gerechteren, nachhaltigen mit Chancengleichheit, ohne Rassismus und Diskriminierung oder in einer unsicheren, vom Neuliberalismus („Kapitalozän“) geprägten unsicheren Gesellschaft?
Über die Iranische Gemeinde in Deutschland e.V.

Die Iranische Gemeinde in Deutschland e.V. (IGD) ist ein bundesweit agierender Verein der iranischen und Iran-stämmigen Community, der im Jahr 2010 in Berlin gegründet wurde. Die IGD setzt sich satzungsgemäß u. a. für die Stärkung der Interessen von in Deutschland lebenden Menschen iranischer Herkunft und deren stärkere Integration sowie Partizipation ein. Der Verein ist unabhängig, überparteilich, überkonfessionell und an säkularen Werten orientiert.

Gedenktag des persischen Dichters, Omar Khayyam

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Heute, den 18. Mai ist der Gedenktag des persischen Mathematikers, Astronom und Dichters, Omar Khayyam (1048 – 1123). Die Iranische Gemeinde in Deutschland hat Dr. Mahmood Falaki, den deutsch-iranischen Schriftsteller und den Autor des Buches, “Khayyams Weltsicht“ zu diesem Tag interviewt:

Omar Khayyam ist als Dichter, Mathematiker und Astronom bekannt. Was haben diese Themen miteinander zu tun?

Khayyam wurde in seiner Zeit vor allem als Mathematiker geschätzt. Er war als Astronom und Astrologe im königlichen Observatorium des seldschukischen Sultan Malik Schah tätig, glaubte aber nicht an Horoskope, nicht dass die Sternbilder Wirkung auf das Schicksal der Menschen haben. Er selbst veröffentlichte zu seinen Lebzeiten seine in Form von Vierzeilern (robā’īyāt) verfasste Dichtung nicht. Denn er musste fürchten, wegen skeptisch-frivoler Freigeisterei von der Geistlichkeit als Ketzer verdammt zu werden. Wahrscheinlich präsentierte er seine Poesie nur in einem sehr engen, gleichgesinnten Freundeskreis.

Sein Ziel war nicht, als klassischer Dichter Poesie zu verfassen. Für ihn war diese vierzeilige, kürzeste persische Gedichtform ein Mittel, um seine Gedanken, seine überwiegend skeptische Haltung und die Suche nach diesseitigem Lustgewinn und Sinnesgenuss, darzustellen. In seiner Zeit wurde er nicht als Dichter wahrgenommen. Etwa ein Jahrhundert später, als einige seiner Vierzeiler veröffentlicht waren, wurden manche Denker und Dichter auf ihn aufmerksam und er allmählich auch als Dichter anerkannt.

Es gibt eine besondere Verbindung und Wechselwirkung zwischen Khayyams wissenschaftlichen Arbeiten und seiner Art der Dichtung. Als Wissenschaftler musste er natürliche Phänomene rational recherchieren und mit der Präzision des Mathematikers erklären. Es gelingt ihm, unter Einfluss der griechischen Philosophie, dies in Ontologie umsetzen. So konnte er manche natürlichen Phänomene, nicht mit Hilfe religiöser Mythen, sondern mittels rationaler Gedanken veranschaulichen, sogar die Ausschließlichkeit der religiösen Interpretation von der Erschaffung der Welt in Frage stellen. Er dichtet z. B.:

Khayyam, wer sagte, dass es eine Hölle gibt?
Wer stieg zur Hölle, wer kam wieder aus dem Paradies?

Man muss wissen, dass zu Khayyams Lebzeiten und auch noch lange später, das Unterrichten von Naturwissenschaft und Philosophie, besonders der griechischen Philosophie, verboten war. Um Klerikern und Sufisten keine Angriffsfläche zu bieten, verfasste er deshalb seine Weltsicht nicht in Prosa, wie seine anderen, veröffentlichten Werke, sondern in Gedichtform, fast einer Art Aphorismen, ohne sie Publik zu machen.

 

Welche Gedanken und Aspekte von Khayyam wurden im Westen weniger oder gar nicht dargestellt?

Mit Beginn der Epoche der Aufklärung im Westen, wollten Wissenschaftler, insbesondere Philosophen, natürliche Phänomene und Ereignisse rational erklären. Khayyam wurde als Mathematiker, Autor einer langen Zeit vorherrschenden Werkes der Algebra wiederentdeckt, der u.a. die Lösung kubischer Gleichungen und das Pascalsche Dreieck bereits im 11. Jahrhundert fand. Im Laufe der weiteren Entwicklung der modernen Mathematik aber geriet Khayyam allmählich wieder in Vergessenheit.

Erst als der romantische englische Dichter Edward FitzGerald, Mitte des 19. Jahrhunderts, die dem Zeitgeschmack entsprechenden Vierzeiler Khayyams ins Englische übertrug und kongenial nachdichtete, wurde Khayyam im Westen, besonders den anglo-amerikanischen Ländern, als Dichter bekannt.

In Deutschland wurden einige Vierzeiler um 1818 von Hammer-Purgstall übersetzt. 1827 legte Friedrich Rückert einige Nachdichtungen vor. Aber Kayyam wurde damals nicht, wie andere bekannte persische Dichter, geschätzt. In Goethes „West-östlicher Divan“ (Erstauflage 1819) ist von Khayyam keine Rede, obwohl Goethe außer Hafis‘ weitere persische Literatur kannte und sie, besonders das sogenannte „Siebengestirn“ der persischen Dichter (Hafez, Firdausi, Nezami, Rumi, Sa`di, Anwari und Dschami), in seinen Divan ein und mithin umarbeitete. Goethe rühmt die persische Dichtung derart, als sähe er in ihr seine Wunschvorstellung von der Dichtkunst verwirklicht: „Die Fruchtbarkeit und Mannigfaltigkeit der persischen Dichter entspringt aus einer unübersehbaren Breite der Außenwelt und ihrem unendlichen Reichtum.“ Jedoch hat er aber kein Wort über Khayyam verloren und dieser ist auch heutzutage in der anglo-amerikanischen Welt bekannter als in anderen westlichen Ländern.

 

Khayyam ist für seine Vierzeiler am bekanntesten. Wenn Khayyam die Vierzeiler nicht geschrieben hätte, hätten wir ihn auch als Mathematiker und Astronomen gekannt?

Nein! Obwohl er im Auftrag des Sultans mit seinen Kollegen den Sonnenkalender erstellte, auf den der gegenwärtige iranische Kalender beruht und seine mathematischen Lösungen weltbekannt waren, sind sie inzwischen historisch und wie bereits vorher erwähnt, von der modernen Mathematik überholt.

Der Inhalt seiner etwa 80 Vierzeiler jedoch ist immer noch aktuell und wird nicht nur aufgrund der allgemeingültig weltlich menschlichen Themenwahl hoch bewertet, auch die gewählten stilistischen Mittel und die subtile Sprache seiner Vierzeiler-Dichtung sind herausragend.

 

Welche Bedeutung hat Khayam für Sie?

Meiner Ansicht nach sind Khayyams Verse aktueller denn je. Betrachtet man die steigende Neigung von Menschen auf der ganzen Welt, sich religiösen Mythen zuzuwenden und auch das Wiederaufleben der Islamisten, ist Khayyams Weltanschauung, die gegen Aberglauben und Fanatismus und für Toleranz, Vernunft, Lustgewinn und Sinnengenuss steht, gegenwärtig sehr wichtig. Aus eben diesem Grund habe ich ein Buch über „Khayyams Weltsicht“ verfasst.

 

Zitieren Sie uns am Ende einen Satz oder einen Vierzeiler von Khayyam.

„Trink Wein, denn das Firmament führt
deine und meine Zerstörung im Schilde;
setze dich ins Grün und trink klaren Wein,
denn dieses Gras wird reichlich aus deinem und meinem Staube wachsen.“

می‌ خور که فلک بهر هلاک من و تو 
قصدی دارد بجان پاک من و تو
در سبزه نشین و می روشن میخور
کاین سبزه بسی دمد ز خاک من و تو

 

Zum Jahrestag des Terroranschlags in Hanau

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„Es gibt kein Wort für das, was ich bin, für den Schmerz, den ich fühle.“

Nicolescu Păun

„Wenn deine Eltern sterben, bist du eine Waise. Wenn deine Frau stirbt, ein Witwer. Wenn dein Sohn stirbt, bist du niemand.“

Vater von Vili Viorel Păun, einem der Opfer des Anschlags in Hanau vom 19. Februar

(https://taz.de/!5714888/)

Ein Jahr ist seit dem rassistischen Terroranschlag in Hanau vergangen. Am 19. Februar letzten Jahres hat ein Rassist und Rechtsextremist an zwei verschiedenen Orten in Hanau neun Menschen mit Migrationsbiografie erschossen. Wir als Iranische Gemeinde in Deutschland sind nach wie vor in tiefer Trauer und fühlen mit den Familien und den Angehörigen der Opfer. Genau wie sie sind wir wütend über diesen menschenverachtenden Angriff. Dass die Familien und Angehörigen der Opfer seitdem nicht nur unter Schock stehen, sondern sich bis heute noch mit vielen Fragen beschäftigen müssen, auf die sie bis jetzt keine Antwort erhalten haben, ist unbegreiflich.

„Es zwingt uns ein Jahr nach diesem schändlichen Attentat weiterhin mit Nachdruck und Intensität eine gesellschaftliche Debatte darüber einzufordern, wie wir dem Phänomen (struktureller) Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit, „Sinti und Romafeindlichkeit“ und einem vergifteten Klima voller Hass, Hetze und zum Teil entmenschlichte Debattenkultur begegnen wollen“, so Ehsan Djafari, Vorsitzender der Iranischen Gemeinde in Deutschland.

Im vergangenen Jahr mussten wir mit großem Entsetzen erfahren, dass mehrere – Chatgruppen mit rassistischen und rechtsextremistischen Inhalten in den Reihen der Polizei aufgedeckt wurden. Die Verbreitung von Morddrohungen mit der Unterzeichnung der NSU 2.0, die nach allem, was wir wissen, aus der Reihe der Sicherheitsbehörden stammen, verunsichern weiter viele Menschen mit Migrationsbiografie. Diese und viele weitere Ereignisse zeigen eines: Die Bedrohungslage bleibt ernst und die Anzahl der rassistisch motivierten Anschläge nimmt zu und die Gewaltbereitschaft der Rechtsextremisten wächst. Wir beobachten diese Entwicklungen mit großer Besorgnis und werden dagegen kämpfen, damit ein Anschlag wie in Hanau nicht wieder geschehen kann.

„Es geht letztendlich nicht nur um die Bürger:innen dieses Landes mit Migrationsbiografie, es geht vielmehr um Bestand der freiheitlichen und liberalen Demokratie Deutschlands“ , so Djafari weiter. Wir als Iranische Gemeinde werden als Migrant:innenorganisation unsere Stimme vor allem gegen jede Form von Rassismus und Rechtsextremismus erheben. Wir sehen uns dazu in der Pflicht. Die Familien und Angehörigen des Terrors in Hanau müssen gehört und unterstützt werden.

Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin. Ihre Namen werden wir nicht vergessen. Wir von der IGD gemeinsam mit der Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen solidarisieren uns mit den Angehörigen der Opfer und den Überlebenden und schließen uns vollständig den Forderungen der Initiative 19. Februar nach Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen an.

Über die „Initiative 19. Februar Hanau“ können auch Sie die Familien der Opfer unterstützen: https://19feb-hanau.org/spenden.

Solidarisches Zeichen der IGD zum Jahrestag des Anschlags in Halle

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Am 09. Oktober jährt sich der antisemitische und menschenverachtende Anschlag auf eine Synagoge und einen Döner Imbiss in Halle. Nach wie vor sind wir als Iranische Gemeinde in Deutschland e.V. entsetzt und trauern um die Opfer. Auch wir wollen an diesem Tag ein Zeichen setzten und reisen daher nach Halle. Dort werden wir mit vielen Akteur*nnen Ketten aus „Strich-Menschen“ mit Kreide auf die Straßen malen, um Solidarität und Diversität zu symbolisieren. Zu dieser Aktion ruft das Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA) e.V., die Stiftung „Bürger für Bürger“ und der Verband der Migrantenorganisationen Halle e.V. (VeMo) auf. Mit dieser Teilnahme wollen wir den Opfern gedenken und uns weiter gegen Rechtsextremismus und für Toleranz engagieren.

Vor einem Jahr am 09. Oktober, am größten jüdischen Feiertag Jom Kippur, versuchte der Rechtsextremist Stephan Balliet  die Synagoge im Paulusviertel der Stadt Halle zu stürmen und tötete dabei vor dem Gebäude und in einem Döner Imbiss zwei Passanten und verletzte 68 Weitere, während er die Planung seiner Tat bereits im Vorfeld im Internet zur Schau stellte und die Ausübung per Live-Stream übertrug. 

Besonders als Migrantenorganisation stehen wir ein für ein friedliches Zusammenleben, mehr Toleranz und Offenheit. Auch ein Jahr nach dem Amoklauf schauen wir bestürzt auf die Brutalität der Tat. Hass in Gewalt und Worten gegenüber anderen Religionen sind unerträglich und es gilt Diskriminierung und Hass jeder Art zu bekämpfen. Der Vorstandsvorsitzender der IGD, Ehsan Djafari sagt hierzu,  „nach den Anschlägen in Halle, Hanau und nach bisherigen Erkenntnissen aus dem Aufklärungsprozess der NSU-Morde, des tödlichen Attentats an Walter Lübke, aber auch aus den weiteren unzähligen Straftaten mit rassistischen und rechtsextremistischen Hintergrund mit zahlreichen Opfern bleibt es niemandem mehr verborgen, dass es ein weiter so gesellschaftlich nicht möglich und politisch nicht tragbar ist.“ Wir brauchen eine konsequente Auseinandersetzung mit dem Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Antiziganismus und der Muslimfeindlichkeit“, so sagt Djafari weiter und führt fort, „Es ist nun an der Zeit, dies auch sicherheitspolitisch mit aller Konsequenz, nachhaltig und umfassend zu begegnen. Die Anti-Rassismus Agenda 2025 des Begleitausschusses der BKMO für eine rassismusfreie und chancengerechte Einwanderungsgesellschaft stellt richtige und konkrete Forderungen mit Zielvorgaben auf. Wir hoffen sehr, dass diese Forderungen bei der nächsten Sitzung des Kabinettausschuss der Bundesregierung zum Rassismus und Rechtsextremismus angemessene Berücksichtigung findet“.